Das Urteil vom 18. Mai 2005, Aktenzeichen VIII R 34/01 zeigt, auf welche Weise Experten Gewinne auch heute noch legal am Finanzamt vorbei leiten können. Der Fall: Ein Steuerberater aus dem nördlichen Rheinland war Inhaber einer GmbH. 1987 kaufte er für nur eine Mark eine zweite GmbH hinzu und setzte seine Frau als Geschäftsführerin ein. Zwei Jahre später machte er einen Architekten, einen gewissen M.Y. ebenfalls zum Geschäftsführer dieser zweiten GmbH.
Kurz darauf beteiligt er seine Frau, den Architekten und dessen Tochter A.Y. vertraglich obendrein zu je 25 Prozent am Kapital der neuen GmbH. Allerdings erhielten sie nicht einen eigenen GmbH-Anteil, sondern statt dessen eine Unterbeteiligung an dem des Beraters. Jeder der drei zahlte dafür 8000 Mark. Der Vertrag bezeichnete die Position dieser drei als „atypische Unterbeteiligung“. Damit war unter anderem gemeint, dass die drei gleichmäßig am Gewinn beteiligt waren, dass keine wichtige Entscheidung ohne ihre Zustimmung möglich war und dass sie über vollen Einblick in die internen Dokumente der GmbH verfügten.
Der Begriff der Unterbeteiligung lehnt sich an die so genannte Stille Gesellschaft im Handelsrecht an. Der still Beteiligte hat Anspruch auf einen Gewinnanteil, aber keine Mitsprache und nur geringe Kontrollrechte. Bei einer atypischen Stillen Beteiligung ist das anders: Der Beteiligte verfügt über weitgehende Kontrollrechte und kann mitentscheiden.
Auf Basis dieser Regelung besteht ein beliebtes Spielchen der Steuerjongleure darin, jemandem eine stille Unterbeteiligung am Besitztitel einer GmbH einzuräumen. Der Eigentümer dieses Anteils behält nach außen unbegrenzte Vollmachten. Nach innen kann er fast jegliche vertragliche Verpflichtung akzeptieren. Solche umfassenden Kontroll- und Gewinnverpflichtungen hatte der Steuerberater auch gegenüber den drei Unterbeteiligten übernommen.
Wenige Wochen später kaufte diese GmbH ein Grundstück mit dem Zweck, dort für etwa 50 Millionen Mark ein Gewerbe- und Wohnobjekt zu errichten. Die Projektbetreuung lag beim Geschäftsführer jener GmbH, die der Steuerberater ohnehin schon besessen hatte. Bei diesem Geschäftsführer handelte es sich ebenfalls um den Architekten M.Y. Offensichtlich machte der einen guten Job.
Denn wieder ein knappes Jahr später verkaufte der Steuerberater die gesamte neue GmbH mit dem Grundstück und erzielte dafür bereits 3,25 Millionen Mark. Drei Viertel des Erlöses – gut 2,4 Millionen Mark – überwies er den drei Unterbeteiligten.
Aus Sicht des Finanzamts waren die drei Unterbeteiligten wirtschaftlich gesehen nie Mitinhaber des GmbH-Anteils geworden. Daher sah die Behörde im Verkauf des gesamten GmbH-Anteils und in der folgenden Auszahlung des Erlöses an die drei Unterbeteiligten einen Vorgang, der bei diesen Gesellschaftern einen steuerpflichtigen Gewinn auslöste.
Der Steuerberater hatte sein eigenes Viertel versteuert, ebenso wie die drei Mal 8000 Mark, die ihm die Unterbeteiligten zuvor jeweils für ihre Unterbeteiligung gezahlt hatten.
Doch gegen die Steuer auf den Gewinnanteil der Gattin – eine der drei Unterbeteiligten – klagten das Ehepaar. Sie drangen damit beim Finanzgericht Düsseldorf durch.
Der Bundesfinanzhof entschied jetzt endgültig, dass die Gattin – und damit vermutlich auch die anderen beiden Unterbeteiligten – ihren Gewinn endgültig steuerfrei behalten dürfen. Dieser Gewinn sei unter keinem der beiden denkbaren Paragrafen steuerlich erfassbar: weder unter der Rubrik „Einkünfte aus Kapitalvermögen“ (Paragraf 20 Einkommensteuergesetz) noch unter der Rubrik „Veräußerung von Anteilen ein Kapitalgesellschaften“ (Paragraf 17). Auch bei diesem Verfahren warf das Gericht die Frage auf, ob hier ein „Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten“ vorlag, der zu einer anderen Beurteilung führen müsste. Doch auch diesmal verwarfen die Richter die Überlegung. Denn es lasse sich nicht belegen, dass der ganze Ablauf von Anfang an so geplant gewesen sei.
© Michael Weisbrodt
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