Ein Zigarettenschmuggel wird nicht aufgeklärt – aber der Zoll erhält sein Geld. Ein neues Urteil des Bundesfinanzhofs erzählt eine merkwürdigen Geschichte um Bürokratie und Zollfahndung, wenn auch nur zum Teil. Mit Sicherheit hatte der Vorgang auch eine strafrechtliche Seite. Sie fehlt hier.
Die ungarische Firma „T.“ führte 1993 bei einem bayerischen Hauptzollamt zwei Sattelschlepper mit Zigaretten vor. Die Zöllner versiegelten die beiden Auflieger, und die Fahrer erhielten ein so genanntes Carnet TIR, das sie zum zollfreien Weitertransport der Zigaretten innerhalb der EU berechtigt.
Einige Zeit später fiel dem Hauptzollamt auf, dass es den Vorgang nicht abschließen konnte. Die Zöllner konnten folgenden Ablauf rekonstruieren:
Die Sattelschlepper fuhren zunächst geradewegs nach Frankreich. Dort übernahm eine andere Crew mit anderen Zugmaschinen die Auflieger und die Papiere, ohne die Siegel zu verletzen. Die Kennzeichen der französischen Zugmaschinen hatte der Firma T. zuvor ein Deutscher telefonisch übermittelt, Werner M. (der vollständige Name ist dem Steuerdienst bekannt). Danach verlor sich die Spur der Glimmstängel.
Das Hauptzollamt setzte daraufhin im Januar 2001 mit zwei Steuerbescheiden Zoll, Tabaksteuer und Einfuhrumsatzsteuer gegen Werner M. fest. Mit der Begründung, er sei „als Hauptverantwortlicher an der Entziehung der Zigaretten aus der zollamtlichen Überwachung beteiligt gewesen“.
M. berief sich darauf, dass der französische Zoll zuständig sei und dass die Abgaben dort inzwischen verjährt seien.
Der Bundesfinanzhof entschied: Da nicht klar ist, in welchem Land die Plomben letztlich entfernt wurden, bleibt Deutschland zuständig. Und nach deutschen Gesetzen ist der Vorgang nicht verjährt. Sollte Frankreich oder ein anderes Land Anspruch auf das Geld haben, müsse Deutschland es diesem Land später erstatten (VII R 31/04).
© Michael Weisbrodt
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